Der neue Glücksbringer von Hutthurm

PNP 01.12.2023 | Stand 01.12.2023, 4:00 Uhr

Besen-Übergabe an den Nachfolger: Kaminkehrer Bernhard Faschingbauer (v.l.) geht in Rente, ab 1. Dezember ist Jürgen Sterr der neue Bezirksschornsteinfeger im Kehrbezirk Hutthurm. Dem Kehrbezirk treu bleibt weiterhin Thomas Brummer (r.), der auch schon seit über 20 Jahren in und um Hutthurm als Kaminkehrer in die Häuser kommt. − Foto: Wanninger

Von Gudrun Wanninger

Hutthurm. Drei Jahre lang war er bei ihm in der Lehre, jetzt übernimmt Jürgen Sterr von seinem früheren Lehrmeister Bernhard Faschingbauer das höchste Kaminkehrer-Amt vor Ort: Er wird neuer bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger im Kehrbezirk Hutthurm.


Für die beiden Kaminkehrer ist der Wechsel eher eine ganz natürliche als eine besonders emotionale Angelegenheit. Wie war Jürgen Sperr als Lehrling? „Super“, sagt Bernhard Faschingbauer nur. Und fügt hinzu: „I gfrei mi, dass wir jetzt tauschen.“ Für die Hutthurmer wird sich derweil gefühlt nicht viel ändern, weil weiterhin auch Kaminkehrer Thomas Brummer für die Mess- und Kehrarbeiten zu ihnen kommen wird. Der ist dort auch schon seit 20 Jahren im Geschäft und wird jetzt mit Jürgen Sperr zusammenarbeiten.


Der Hutthurmer Kehrbezirk, für den Jürgen Sperr ab 1. Dezember zuständig ist, umfasst rund 2400 Gebäude vor allem in der Gemeinde Hutthurm, aber auch in Neukirchen vorm Wald, Ruderting und einzelne Weiler in den Gemeinden Salzweg und Witzmannsberg. Darüber informiert eine Mitteilung der Regierung von Niederbayern, denn die hat den Posten des Bezirksschornsteinfegers vergeben.

Für Jürgen Sterr, der in der Gemeinde Perlesreut im Landkreis Freyung-Grafenau lebt, hat der neue Job auch ganz praktische Vorteile. Denn in den vergangenen sieben Jahren war er als Kaminkehrer in Wurmannsquick beschäftigt und hatte jeden Tag eine beachtliche Anreise. Der neue Job bringt nun mehr Verwaltungsarbeit mit sich, außerdem ist der Bezirkskaminkehrer zuständig für „hoheitliche Aufgaben“ und das sind die Abnahme neuer Feuerstätten und die Feuerstättenschau. Sollte also jemand vorhaben, eine neue Heizung oder einen Kachelofen einzubauen, dann ist der Bezirksschornsteinfeger gefragt.

Bernhard Faschingbauer hat diese Arbeit fast genau 30 Jahre lang gemacht. Weil er aber so gerne selber bei den Leuten war, hat er die Büroarbeit auf die frühen Morgenstunden und den Abend verschoben. „Um vier Uhr morgens hat der Wecker geklingelt“, sagt er. Dann ging es zu den Kunden. „Da ist man ja mit den Jahren wie ein Freund des Hauses“, sagt er. „Und dann will man es ja auch allen recht machen und sie von unserer Arbeit überzeugen.“ Insgesamt werde man schon freundlich empfangen, sagt er – auch wenn der Besuch jedes Mal Kosten nach sich zieht. „Aber die Prüfungsintervalle liegen ja nicht in unserem Ermessen“, sagt Faschingbauer und hat gleich einen Spruch parat: „Hinter uns die Paragrafen und vor uns die Kundschaft.“ Wenn es dann nach der Arbeit wieder nach Hause geht, muss erstmal der Ruß wieder ab. Faschingbauer schwört da auf eine spezielle Seife mit Sägespänen, sein Kollege Sterr auf die klassische Kernseife.

In letzter Zeit, das berichten die beiden Kaminkehrermeister, sei auch der Bedarf an Beratungen stark gestiegen. Wie lange darf ich meine Heizung noch benutzen? Wie heize ich meinen Ofen am besten? „Als Kaminkehrer muss ich neutral beraten, das gehört zu meinen Aufgaben“, sagt Sterr. Ihm mache seine Arbeit Spaß, sie sei abwechslungsreich, man komme in Kontakt mit den Leuten und sei auch mal an der frischen Luft. Auch Ausbilden würde der 36-Jährige gerne – wie in anderen Bereichen sei aber auch bei den Kaminkehrern der Nachwuchs knapp.

Der bisherige Bezirksschornsteinfeger Bernhard Faschingbauer ist jetzt 64. „Ich bin fit, aber aufs Dach steigen muss ich nicht mehr“, sagt er. Früher habe er das gern gemacht. „Auf dem Dach war’s das Schönste“, sagt er. Und auch sein Kollege und Nachfolger Jürgen Sterr gerät fast ein bisschen ins Schwärmen über die Atmosphäre über den Dächern. Aber nachdem er vor einigen Jahren fast ausgerutscht ist und sich gerade noch an einer Dachleiter festhalten konnte, wolle er nun lieber in Rente gehen und möglichst noch was davon haben, erklärt Faschingbauer. Froh ist er, dass sein Nachfolger auch eine lieb gewordene Tradition fortsetzt. Bernhard Faschingbauer nämlich beteiligt sich an der Stöpsel-Aktion, bei der Kronkorken gesammelt werden, deren Erlös dann an die Kinderhilfe Holzland gespendet wird. Immer mal wieder wird also auch dem neuen Bezirkskaminkehrer bei seinem Hausbesuch ein Beutel Kronkorken in die Hand gedrückt werden. „Das ist klar, dass das weitergeführt wird“, sagt er.


Als neuer Glücksbringer wird neben Thomas Brummer also Jürgen Sterr in die Häuser kommen. Dass der Kaminkehrer überhaupt Glückssymbol ist, sei darauf zurückzuführen, dass die Schornsteinfeger durch ihre Arbeit Brände verhindern, so Sterr. Glückssymbol sind besonders die goldenen Knöpfe mit dem heiligen Florian am „Rußgwand“ der Kaminkehrer. Immer mal wieder würde schon einer fragen, ob er einen Knopf anfassen darf, erzählt Sterr und erinnert sich auch an seinen größten Glücksmoment als Kaminkehrer. Da sei er mit einem Kollegen pünktlich zur Hausgeburt eines Babys vor der Tür gestanden. Auch dem Glücksbringer selber blieb dieser Moment in Erinnerung.